Nach Ballgewinn steht eine Mannschaft vor der Entscheidung, den Ball zu halten oder zu kontern.
Was beeinflusst diese Entscheidung?
- Konditionelle Fähigkeiten
- Mentale Fähigkeiten
- Taktische Rahmenbedingungen
Der große Vorteil eines Konters besteht darin, dass der Gegner im Moment des Ballverlusts noch in seiner offensiven Formation steht. Nutzt man den kurzen Zeitabschnitt bis der Gegner wieder geordnet steht effektiv aus, kann man dadurch schnell zu Torchancen kommen.
Entscheidet man sich für einen Konter, entscheidet man sich immer auch für Intensität, Zeitdruck, Mut, Wille, Vertrauen und hohes Tempo. In der Regel dauert ein Konter maximal 5-20 Sekunden. Die taktischen Rahmenbedingungen sind neben den mentalen und konditionellen Fähigkeiten ausschlaggebend für einen erfolgreichen Gegenangriff.
Erobert man den Ball im Zentrum, hat man mehr Möglichkeiten der Spielfortsetzung, als bei der Balleroberung am Flügel. Dafür hat man am Flügel die Möglichkeit, die Auslinie als gegebene Hilfe zu nutzen.
Je weiter vorne der Ball erobert wird, desto geringer ist die Distanz, die im Konter überbrückt werden muss. Dafür läuft man vielleicht Gefahr, durch den größeren Raum hinter der letzten Kette leichter überspielt zu werden.
Je mehr Gegenspieler nach Ballgewinn noch hinter dem Ball sind, desto schwieriger wird es diese in kurzer Zeit zu überspielen.
Je isolierter der “Balleroberer” ist, desto schwerer wird die Entstehung eines Konters.
Es gibt noch zahlreiche weitere taktische Rahmenbedingungen, die einen Konter erschweren oder begünstigen können. Erobert man den Ball beispielweise durch einen abgefangenen Pass oder durch einen dynamischen Zweikampf (50/50-Duell), hat man mehr Zeit, um die Situation wahrzunehmen, zu bewerten und eine Entscheidung zu treffen. Man kann mehr Dynamik entfachen, als mit einem Ballgewinn der in die entgegengesetzte Spielrichtung stattfindet. All diese taktischen Rahmenbedingungen unterscheiden sich in Ihrer Priorisierung von Mannschaft zu Mannschaft, von Spielidee zu Spielidee. Wo und wie ein Ballgewinn erzielt werden soll, beschreiben taktische Vorgaben des Trainers.
Kategorien von Kontern:
- Direkter Konter: Bei einem direkten Konter besteht, nach Abfangen eines Passes (häufig von TW/IV/AV/ZDM), die direkte Möglichkeit in die Tiefe auf einen einlaufenden Stürmer zu spielen. Dabei wird direkt die letzte Linie des Gegners überspielt.
- Indirekter Konter: Bei einem indirekten Konter, wird nach Ballgewinn der Ball kurz gesichert, um dann erneut Dynamik zu entfachen. Die Ballsicherung ist dabei nur Mittel zum Zweck und nicht der Selbstzweck. Gerade bei Gegnern, die in ein Gegenpressing gehen und nach vorne verteidigen wollen, kann man so häufig noch mehr Raum in und zwischen den letzten Linien schaffen.
- Falscher Konter: Der falsche Konter bezieht sich nicht auf den direkten Moment nach Ballgewinn. Er bezieht sich auf das Entstehen einer ähnlichen Dynamik durch das Überspielen (Packing) von vielen Gegenspielern in kurzer Zeit aus dem normalen Positionsangriff heraus. Die Eigenschaften eines normalen Konters kommen auch in dieser Situation zum Tragen, da die Dynamik und die Vorteile bestehen bleiben. Er ist vergleichbar mit der Grundsituation des schneller werdenden Konters.
- Schneller werdender Konter: Bei einem schneller werdenden Konter, der am häufigsten vorkommenden Art, wird nach Ballgewinn schnell in die Tiefe gespielt. Der Konter rollt auf eine zurückweichende Restverteidigung zu.
Viele Mannschaften versuchen nach Ballverlust in ein direktes Gegenpressing zu gehen, um den Ball möglichst schnell zurückzuerobern. Damit ein Konter entstehen kann, sollte man möglichst schnell aus der Zone des Ballgewinns herausspielen, um dem direkten Gegnerdruck zu entgehen. Dabei ist es elementar, dass die Spieler ohne Ball Passoptionen schaffen. Dadurch müssen sie möglichst schnell den Ballgewinn wahrnehmen, um sich dann von ihren Gegenspielern zu lösen. Es gilt Tiefe und Breite zu schaffen, wobei der Schwerpunkt auf der Besetzung und dem Attackieren der Tiefe gilt. Die Freilaufbewegung sollte entgegen der Verschiebebewegung stattfinden und möglichst einen Spurwechsel ermöglichen. Die ideale Spielfortsetzung nach Ballgewinn ist ein diagonaler Pass in Spielrichtung in eine andere horizontale Ebene (Flügel, Halbraum, Zentrum). Der Passempfänger sollte durch einen Pass in den Vorlauf und Vorderfuß in der Lage sein, direkt Tempo aufzunehmen. Ist dieser direkte Pass nicht möglich, hat man häufig die Möglichkeit einen Spurwechsel über das Spiel über den Dritten zu ermöglichen.
Der Balleroberer ist in den meisten Fällen nicht der Entscheider über einen Konter. Er versucht aus der Zone des Ballgewinns herauszuspielen und entscheidet sich für den Pass, der am meisten Dynamik erzeugen kann. Der Pass sollte in den offenen Fuß gespielt werden und in einen offenen Raum. Eine Ausnahme ist der selten vorkommende direkte Konter. Der zweite Spieler, der Passempfänger, entscheidet dann anhand der Konterbedingungen (mentale, physische und taktische Anforderungen) über die Spielfortsetzung. Die Weichen für einen Konter werden durch den Ballero
Das oberste Gebot ist das Entstehen und Erhalten von Dynamik. Dafür muss, nach Balleroberung und dem Pass aus dem Druck, Druck auf die Restverteidigung ausgeübt werden. Die konternde Mannschaft muss eine Spur auswählen, in der sie entweder Überzahl hat oder eine Gleichzahl in einem größeren Raum. Eine mögliche Überzahl muss zielstrebig und ohne Verlust der Dynamik ausgespielt werden. Die kleinste Überzahl ist immer ein 2v1. Das Ziel dieser “Dynamiksituationen” ist es, dass man in den Rücken der Abwehr kommt. Gängige Methoden im 2v1 sind ein Doppelpass, Hinterlaufen, Vorderlaufen, uvm., es geht immer um die Frage: “Pass oder Dribbing?”. Das An-und Ausdribbeln muss immer mit hohem Tempo, der Situation angemessen, durchgeführt werden. Droht eine Spur zu statisch zu werden, da die Restverteidigung des Gegners einen Durchbruch verhindern kann, gilt es möglichst schnell wieder in eine dynamische Spur zu wechseln. Kann in allen Spuren Dynamik erzeugt werden, gilt die Reihenfolge: Zentrum, Halbspur, Flügel.
Die Breite zu besetzen ist auch im Konter wichtig, immerhin wird die Restverteidigung sich auf die torgefährlichsten Räume konzentrieren und trichterförmig fallen, um Zeit zu gewinnen. Breite bedeutet in dem Kontext des Konters jedoch keinesfalls an den Seitenauslinien kleben zu müssen, sondern nur so breit wie nötig. Die Notwendigkeit ergibt sich aus dem Verhalten der Restverteidigung, dem Tempo und der Struktur des Konters. Es sollte so zielstrebig wie möglich und mit so vielen Pässen wie nötig gespielt werden.
Entscheidet man sich für einen Durchbruch in einer Spur, in der ein direkter Abschluss aufgrund der Position zum Tor nur wenig erfolgsversprechend ist, entscheidet die Strafraumbesetzung und das Einlaufverhalten über den Erfolg des Konters.
Die Restverteidigung wird trichterförmig fallen, um das Zentrum zu schließen. Um trotzdem in die torgefährlichste Zone zu kommen (zentral zwischen Fünfer und Elfmeterpunkt) und die Dynamik beizubehalten versucht man durch wellenförmiges Einlaufen in den Strafraum die Restverteidigung aufzubrechen. Es ist wichtig, dass die verschiedenen Spieler zeitversetzt zueinander in verschiedene Zielzonen einlaufen. Beispiel: Läuft ein Stürmer mit Tempo auf den ersten Pfosten, ein zweiter Spieler kurz zeitversetzt danach auf den zweiten Pfosten und der dritte Spieler setzt sich danach Richtung Elfmeterpunkt ab, muss die Restverteidigung unter hohem Zeitdruck entscheiden, wer sich wohin orientiert. Dabei wird durch die Dynamik des Konters ein weiterer Stressfaktor entstehen, der viele Verteidiger auf die ersten “Wellen” anspringen lässt. Jede falsche Entscheidung der Verteidiger kann durch die Tornähe direkt bestraft werden.
Grundsätzlich gilt es im Konter möglichst viel Personal zu mobilisieren, um Überzahl- und Dynamiksituation entstehen zu lassen und um Tiefe zu schaffen. Noch im Spiel gegen den Ball können auch einzelne Spieler auf einen Konter zocken, in dem sie sich nicht aktiv am Verteidigen beteiligen, sondern bereits Räume besetzen, die nach Balleroberung eine Konterentstehung begünstigen. Dieses Verhalten kann auch noch unmittelbarer vor einem Ballgewinn beobachtet werden. In Momenten wo ein Ballgewinn wahrscheinlich ist, zum Beispiel eine Überzahl der Verteidiger oder ein schlechter Kontakt des Angreifers, können ballnahe Spieler sich bereits entgegen der Verschiebebewegung lösen und daraus einen minimalen zeitlichen Vorteil erhalten. Trotzdem ist das Zocken immer auch mit einem gewissen Risiko verbunden.
Möglichst viel Personal bedeutete aber auch, dass eine Restverteidigung notwendig ist, um für einen möglichen Ballverlust und direkten Gegenkonter vorbereitet zu sein. Dabei gibt es verschiedene Herangehensweisen. Viele Trainer (z.B. Marcelo Bielsa) setzen auf die +1-Regel. Die Restverteidigung wäre also immer 1 größer als der Restangriff des Gegners. Andere Trainer setzen aber auch z.B. auf einen 3-2 Block. Dabei sichert eine Dreierkette mit zwei Sechsern (Abfangjägern) davor den Konter ab. Die Sechser haben dabei die Möglichkeit zweite Bälle zu erobern und unter Umständen nach vorne zu verteidigen. Die Dreierkette sichert dabei konsequent die Tiefe ab.
Neben und hinter allen taktischen Aspekten, geht es auch um eine Kontermentalität im Kopf. Ein Konter muss maximal zielstrebig und bei höchster Intensität durchgeführt werden. Bringt man die dafür notwendigen Werte nicht mit, bedeutet das immer ein Verlust von Dynamik.
Prinzipien und Anforderungen:
- Aus dem Druck heraus spielen – Konter vorbereiten
- Zweiter Spieler (Passempfänger) ist Konterentscheider
- Freilaufbewegung in Breite und Tiefe
- Entgegen der Verschiebebewegung lösen
- Spurwechsel ermöglichen, diagonal spielen
- Offene Füße anspielen
- So zielstrebig wie möglich und mit so vielen Pässen wie nötig
- So breit wie nötig und so tief wie möglich
- Dynamische Spuren bespielen, bei statischer Spur so schnell wie möglich die Spur wechseln
- 2v1- Situationen ausspielen ohne Dynamik zu verlieren – In den Rücken der Verteidiger kommen
- Auf einen Konter zocken
- Ballgewinn antizipieren – Wahrscheinlichkeit hoch oder niedrig?
- In die torgefährlichsten Räume kommen und gezielt abschließen
- Wellenförmiges Einlaufen in unterschiedliche Zielzonen
- Restverteidigung in Überzahl (+1), dabei am Mann orientieren
- Restverteidigung schiebt nach
- Restart-Spieler für Spurenwechsel
- Kontermentalität
- Abpraller und Zufälle antizipieren – Durchlaufen!
- Taktisches Foul nach Ballverlust – Gegenkonter vermeiden!
- Beste dynamische Spur Zentrum, dann Halbspur, dann Flügel